Die Veranstaltung stand unter der Überschrift „Luther in Azusa Street“und bildete den Abschluss einer 16tägigen Begegnungs- und Studienreise von 12 lutherischen sowie pfingstlerischen PastorInnen aus Brasilien, Chile und Argentinien.
Die Gesprächs- und Diskussionsrunden zwischen den Gästen und anwesenden deutschen TheologInnen waren geprägt von heiterer Offenheit und theologischer Ernsthaftigkeit. Unterschiedliche Auffassungen zur Bibelhermeneutik, Liturgie und Mission wurden in respektvoller und engagierter Atmosphäre diskutiert. Anders als in Deutschland sind die lutherischen Christen Lateinamerikas gegenüber der vielerorts mittlerweile 30% der Bevölkerung umfassenden pfingstlerischen Christen in der Minderheit. Es war daher nicht verwunderlich, dass der brasilianische Pfingstler Prof. Dr. David Mesquiati de Oliveira bei seinem Vortrag auf zahlreiche theologische Vorbehalte anwesender Lutheraner stieß, als er seine Idee vortrug, dass sich alle Christen der „flammenden Mission“ der Pfingstkirchen anschließen sollten. Nicht nur Mission, so gab ein lutherischer Pastor zu bedenken, sondern auch Gemeinde und Diakonie seien ein notwendiger Bestandteil der Evangelisation, die ihrerseits nur als Antwort der Menschen auf die Missio Dei verstanden werden könne.
Angesichts der 100.000 Menschen, die Mesquiati de Oliveiras Pfingstkirche „Asembleia de Deus“ anlässlich ihres diesjährigen 100. Gründungsjubiläums dieses Jahr taufen wird, laufen solche Argumente allerdings Gefahr zu verblassen. Der Grundsatz „wer wächst, hat Recht“ klingt so plausibel, dass er einen differenzierenden theologischen Dialog im Keim zu ersticken droht.
Umso bemerkenswerter war die Wertschätzung, welche die anwesenden Pfingstler ihren lutherischen Kollegen entgegenbrachten. Sie trug dazu bei, diese Veranstaltung zu einem gelungenen interkulturellen und interkonfessionellen Dialog werden zu lassen. Dieser fand in der gemeinsam gefeierten Liturgie einen lebendigen Ausdruck.
Kritisch ließe sich höchstens anmerken, dass bei diesem Dialogtreffen keine TheologInnen neopentekostaler Provenienz anwesend waren.
Von: Simon Neubert