Am 16. Februar öffnet am Petersplatz eine bemerkenswerte neue Einrichtung. An der Nordseite der Kolonnaden des Petersplatzes, direkt unter den Fenstern des Apostolischen Palastes, stehen obdachlosen Menschen ab sofort drei Duschen sowie die „Barberia di Papa Francesco”, ein päpstlicher Friseursalon, in dem sich Lehrlinge und ausgebildete Friseure künftig jeden Montag kostenlos um die Haar- und Bartpflege von Bedürftigen kümmern, zur Verfügung. Papst Franziskus hatte bereits im November seinen Almosenmeister, den polnischen Kardinal Konrad Krajewski, mit der Errichtung der Duschen beauftragt. Das Angebot wurde zuletzt um den Friseursalon erweitert.
Neben der Möglichkeit, sich zu waschen und sich Haare und Bart schneiden zu lassen, erhalten die Obdachlose in der Servicestelle künftig frische Unterwäsche, Handtuch, Seife, Zahnpasta, Zahnbürste und Deo, die Männer auch Rasierer und Rasierschaum. Die Artikel stammen aus den Spenden von Privatpersonen und Firmen. Der Rest der anfallenden Kosten wird aus Erlösen aus dem Verkauf päpstlicher Segensurkunden finanziert.
Ziel der Einrichtung ist nicht bloß, den Obdachlosen die Erfüllung elementarer Bedürfnisse zu ermöglichen, zu ihrer hygienischen Versorgung beizutragen und somit Krankheiten vorzubeugen, sondern vor allem, „den Menschen ihre Würde zurückzugeben“, so Kardinal Krajewski.
Krajewski, der wie Papst Franziskus auch selbst gerne den unmittelbaren Kontakt zu den Menschen auf der Straße sucht, weist darauf hin, dass es für Obdachlose kaum Möglichkeiten gebe, sich zu pflegen. In Friseursalons hätten die Menschen Angst, sich durch die Obdachlosen anzustecken. Umgekehrt würden die Obdachlosen Einrichtungen wie Friseursalons aus Angst vor Diskriminierung oft erst gar nicht aufsuchen. Ohne gewisse hygienische Standards zu erfüllen, würden Menschen ohne Dach über dem Kopf jedoch noch mehr an den sozialen Rand gedrängt. Hieraus ergibt sich ein Kreislauf, aus dem die Betroffenen nur schwer ausbrechen können. Die Duschen und der päpstliche Friseursalon versuchen dem Abhilfe zu verschaffen.
Die „Barberia di Papa Francesco“ ist ein kleines, aber starkes Zeichen dafür, dass mit den Rändern, in denen Papst Franziskus die Kirche in missionarischer Weise verorten will, nicht bloß die „geografischen Ränder“ gemeint sind, sondern vor allem die „Grenzen der menschlichen Existenz: die des Mysteriums der Sünde, die des Schmerzes, die der Ungerechtigkeit, die der Ignoranz, die der fehlenden religiösen Praxis, die des Denkens, die jeglichen Elends“[1]. Diese Ränder gibt es auch inmitten europäischer Großstädte.
Es sind Arme wie die Obdachlosen in Rom durch die die Kirche, wie Papst Franziskus wiederholt betont hat, in Berührung mit dem Leib Christi kommt. In der freundschaftlichen Begegnung mit ihnen kommt die Kirche nicht nur ihrem Evangelisierungsauftrag nach, sondern wird auch ihrerseits evangelisiert. (Vgl. EG 198)
Man wird in der Einrichtung der Duschen und des Friseursalons daher nicht nur ein „soziales“ Projekt erblicken dürfen, sondern sie vielmehr als – wenn auch bescheidenen – zeichenhaften Ausdruck des in Evangelii Gaudium entfalteten theologischen Programms verstehen können: Nur eine Kirche, die auf den Schrei der Armen hört und ihm zur Hilfe kommt (vgl. EG 187), ist die missionarische Kirche Jesu. Nur eine Kirche der „offenen Türen“, die lernt, ihre „Ängstlichkeit abzulegen, um dem anderen in die Augen zu sehen und zuzuhören“ und „den zu begleiten, der am Straßenrand geblieben ist“ (EG 46), wird beanspruchen können, seiner Sendung gerecht zu werden.
In diesem Sinn wird man die „Barberia di Papa Francesco“ wohl auch als kleines, handgreifliches Projekt im Dienst moderner Stadtmission verstehen dürfen.