Comboni-Missionare berichten über die Konfliktsituation im Südsudan und beleuchten Hintergründe möglicher Ursachen

Die Weihnachtszeit wurde im Südsudan in Angst und Unruhe erlebt: „Die Straßen von Juba wurden am 16. Dez in ein Kriegsfeld umgewandelt“; „die katholische Kathedrale ist in diesem Gebiet der einzige Rettungsort für die Menschen“ – berichtete Fr. Jorge Rodriguez Fayad, Comboni Missionar in Yirol (Südsudan), via Facebook. Seit vergangenem Juli 2013 herrscht in dem ostafrikanischen Staat ein blutiger Machtkampf zwischen der Volksgruppen der Dinka und der Nuer. Sie kämpfen um die Kontrolle und Verteilung der Erdölgewinne, die zum Großteil im Norden des Landes liegen (siehe Bericht-NAD 1/2014). „Jede Nuer und Dinka Familie besitzt mindestens ein Maschinengewehr aus Zeiten des Bürgerkrieges gegen den Norden. (Es fehlt den Hilfsorganisationen an Medikamenten, Nahrung und Trinkwasser. Merkwürdigerweise gibt es aber immer genügend Nachschub für Waffen und Munition in einem afrikanischen Krisengebiet.)“ – kommentiert P. Gregor Schmidt in einem Brief, ebenfalls Comboni-Missionar, der mitten im Kriegsgeschehen bei den Nuer in Old Fangak (im Norden Südsudans) arbeitet. 

Das politische Problem „darf nicht zu einem ethnischen Problem gemacht werden“ – betonten afrikanische Bischöfe in ihrer Botschaft vom 17. Dezember 2013. Doch die ethnische Zugehörigkeit spielt aus Sicht P. Schmidts eine wesentliche Rolle im Leben der Menschen: „Es gibt in Afrika ein Sprichwort (frei nach Descartes): Weil wir sind, bin ich. Das sind die unmittelbaren Beziehungen, die einen tragen. Und damit ist das Überleben in einer feindlichen Umwelt gemeint. (…) Ein Nuer wird daher seinem Bruder zur Seite stehen, ganz egal ob er im Recht oder Unrecht ist.“ Aus diesem Grund unterstützen viele Nuer den Rebellenführer Riek Machar gegen den Dinka-Präsidenten Salva Kiir. Dieser setze den Nuer-Vizepräsidenten Machar in Juli 2013 ab. Seither „versinkt das Land im Chaos“, – kommentiert P. Schmidt. Aufstände bei der Bevölkerung werden mit Waffen beruhigt. Wenn ein Dinka gegen einen Nuer schießt, oder umgekehrt, setzt sich der kulturelle „Gerechtigkeitssinn“ in Gang. Es gilt, „Leben für Leben zu nehmen“, erklärt der Comboni-Missionar Schmidt.

Zeichen der Hoffnung gibt es in dieser Konfliktsituation: „Es gibt (…) herzzerreißende Begebenheiten von Freundschaft in den letzen Wochen, wo Dinka durch Nuer (und umgekehrt) gerettet wurden“. Dennoch hätten die Menschen ihr Gottvertrauen nicht verloren. Die Messe am Heiligabend war mit 4500 Leuten gut besucht. „So viele Einwohner hat Old Fangak gar nicht“ – hebt P. Gregor Schmidt hervor. 

Die Antworten auf Fragen nach geeigneten politischen Maßnahmen und nach wirksamen Wegen der Verkündigung im Südsudan sind komplex und bedeuten eine große Herausforderung für die Katholische Kirche. Sie bietet sich als Vermittlerin an. Die Missionare setzen sich weiterhin für die Bildungsarbeit ein, trotz geringen Personals: „Der nächste Kurs hätte eigentlich am 6. Januar beginnen sollen. (…) Leider können die Ausbilder aus Kenia, Irland und Kanada in dieser Situation natürlich nicht herkommen. Auch die Lehrer sind verstreut, und es sieht so aus, dass nicht einmal das Schuljahr eröffnet wird (es sei denn, wir Comboni Missionare unterrichten ohne die ansässigen Lehrer)“ (P. Gregor Schmidt).

Von Jorge Gallegos Sánchez