Unter dem Motto «Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden» findet vom 30. Oktober bis 8. November im südkoreanischen Busan die Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) statt. Die Vollversammlung ist das oberste Leitungsgremium des 1948 gegründeten größten ökumenischen Zusammenschlusses, der sage und schreibe 345 Mitgliedskirchen umfasst. Neben dem gemeinsamen Gebet, Bibelgesprächen und der interkonfessionell-kulturellen Begegnung stehen auch Gremienwahlen und zahlreiche Plenarsitzungen auf dem Programm, die für die nächsten Jahre den Fahrplan der ökumenischen Gespräche bestimmen.
Die (römisch-)katholische Kirche ist seit jeher aufgrund von ekklesiologischen Vorbehalten kein Vollmitglied, sondern hat lediglich einen Beobachterstatus. Nichtsdestoweniger engagiert sie sich in mehreren Arbeitskreisen der ÖRK, u.a. in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen und in den Kommissionen Glauben und Kirchenverfassung sowie Weltmission und Evangelisation. Letztere hat seit der Vollversammlung in Porto Alegre (Brasilien) im Jahr 2006 an einer ökumenischen Missionserklärung gearbeitet, die jetzt in Busan den Delegierten zur Abstimmung vorgelegt werden soll. Hier können sie die neue Erklärung zu Mission und Evangelisation Gemeinsam für das Leben (ÖRK) lesen. Seit der letzten Vollversammlung gilt dabei das Konsensprinzip. Es wurde als eine Folge der Spannungen eingeführt wurde, die zwischen den zahlenmäßig stärker vertretenen liberaleren protestantischen Mitgliedern und den orthodoxen Mitgliedskirchen im Zusammenhang mit Fragen zu Homosexualität und Frauenordination aufgetreten waren.
Sicherlich ist es auch eine Remineszenz an diese Entwicklung, wenn das geistliche Oberhaupt der Anglikanischen Kirche, Erzbischof Welby, kürzlich im Interview mit Radio Vatikan zum Ausdruck brachte, dass sich während der vergangen Jahre im ökumenischen Prozess die «Elemente der Trennung» verstärkt hätten. Er warnte in diesem Zusammenhang vor einem «Suppen-Christentum […], in der zwar alles gut schmeckt aber gleichzeitig vermischt ist.» und warb eindrücklich dafür «Opfer für die Einheit der Christen einzugehen». Bedeutungsschwanger kündigte der Erzbischof von Canterbury zudem eine oder zwei Überraschungen an, die er gemeinsam mit Papst Franziskus in nahe Zukunft verkünden werde.
Simon Neubert