Papst Franziskus auf Lampedusa

08. Juli 2013

Ein Fischerboot als Altar, ein Ambo aus Rudern und einem Steuerrad. Auch Papst Franziskus selbst kommt mit einem Fischkutter genau an der Mole von Favarolo an, an der so viele Flüchtlingsboote ankommen – sofern ihnen die Überfahrt in den sicheren Hafen denn gelingt. Es ist die erste Reise des neuen Pontifex, kurz, aber symbolträchtig wie so viele seiner Gesten.

Lampedusa-016

Quelle: Screenshot CTV

„Lampedusa, die Insel der Scham“, so titelt ein Beitrag von Regina Kerner in der Online-Ausgabe der Frankfurter Rundschau vom 07.07.2013. Eben diese Wahrnehmung hat Franziskus offensichtlich veranlasst, sich auf den Weg zu machen nach Lampedusa. Die liturgischen Farben sprechen für sich und auch in seinen Worten hebt der Papst hervor, dass es sich bei der Eucharistiefeier um eine liturgia penitenziale, eine Liturgie der Umkehr und Buße handle. Passend dazu die Auswahl der biblischen Texte: Die erste Lesung aus dem Buch Genesis erzählt die Geschichte der beiden Brüder Kain und Abel, zum Evangelium wird der Text vom Kindermord des Herodes und der Flucht nach Ägypten vorgetragen.

Seine Ansprache beginnt Franziskus mit den ersten beiden Fragen Gottes, die wir im biblischen Text vorfinden und die unsere Schuld betreffen: „Adam, wo bist Du?“ (vgl. Gen 3,9) und „Kain, wo ist dein Bruder“ (vgl. Gen 4,9). Das sündhafte Ansinnen Adams, Gott gleich zu werden, hat auch fatale Folgen für die Beziehung zu den anderen, so der Papst. Während er anerkennende Worte findet für die Solidarität der Einwohner von Lampedusa, warnt er von einer „Globalisierung der Gleichgültigkeit“ und schließt sich dabei selbst mit ein. Er erwähnt und verurteilt den Menschenhandel, appelliert aber zugleich an alle: „Wer von uns hat die Toten beweint, die auf diesen Booten waren? […] Wir haben unsere Fähigkeit zu weinen verloren.“ Franziskus spricht von einem „Leben in der Seifenblase“, der Seifenblase des eigenen Wohlstands, der auch Herodes die Kinder in Bethlehem opferte. „Bitten wir den Herrn, dass er das auslösche, was von Herodes auch in unserem Herzen geblieben ist. Bitten wir den Herrn um die Gnade, wieder weinen zu können über unsere Gleichgültigkeit und über die Grausamkeit, die in der Welt herrscht und in uns und auch in jenen, die in der Anonymität sozio-ökonomische Entscheidungen treffen, die Tragödien wie dieser hier den Weg bereiten.“

Lampedusa-011 Lampedusa-012

Quelle: Screenshot CTV 

Am Ende der Ansprache bittet der Papst den Herrn um Vergebung: „Herr, in dieser Liturgie, einer Bußliturgie, bitten wir um Vergebung für die Gleichgültigkeit gegenüber so vielen Brüdern und Schwestern. Wir bitten ich um Vergebung, Vater, für jene, die es sich bequem gemacht und die sich zurückgezogen haben in ihren Wohlstand, der zur Betäubung des Herzens führt. […] Vergib, Herr! Herr, wir hören auch heute deine Fragen: ‚Adam, wo bist du? Wo ist das Blut deines Bruders?‘“

Es folgen mehrere Minuten der Stille.


Von: Tobias Kessler 

Alle Bilder: Screenshot CTV

Schlagworte: