Papst Franziskus über Armut und den Leib Christi

04. Juni 2013

Pfingsten in Rom wurde durch das Treffen von Papst Franziskus mit den sogenannten kirchlichen Movimenti bestimmt. Am Vorabend von Pfingsten versammelten sich auf dem Peterplatz mehr als 200.000 Mitglieder solcher Laien-Vereinigungen, um mit dem Papst zu beten. Während der Pfingstvigil stellten einige Teilnehmer der Movimenti dem Papst ausgewählte Fragen. Die Antworten  Franziskus‘ auf die zweite und dritte Fragen und seine Predigt am Hochfest beleuchten wichtige Aspekte seines Missionsverständnisses. Zusammengefasst lauteten die zweite und die dritte Frage wie folgt: 2. Heiliger Vater, wie kann das, was der christliche Glaube bietet, das Herz des Menschen unserer Zeit erreichen? Was ist für Sie das Wichtigste, auf das wir alle achten müssen, um die Aufgabe zu erfüllen, zu der wir berufen sind? 3. Wie können wir alle eine Kirche leben, die arm und für die Armen ist? In welcher Weise stellt der leidende Mensch eine Anfrage an unseren Glauben dar? Welchen konkreten und wirksamen Beitrag können wir für die Kirche und die Gesellschaft leisten, um dieser schweren Krise zu begegnen, die die öffentliche Ethik, das Entwicklungsmodell, die Politik, kurz: ein neues Menschsein angeht?

Die Antwort des Heiligen Vaters auf die zweite Frage kann auf drei Punkte gebracht werden. Erstens: „Das Wichtige ist Jesus und sich von ihm führen zu lassen. Danach können wir die Strategien entwerfen, aber das ist zweitrangig“. Zweitens: wichtig ist auch das Gebet, verstanden als ein Sich-vom-Herrn-anschauen-Lassen. Und drittens, das Zeugnis: „Die Vermittlung des Glaubens kann man nur mit dem Zeugnis bewerkstelligen, und das ist die Liebe. […] Es ist gleichsam ein Zusammenspiel zwischen uns und dem Heiligen Geist, und das bewirkt das Zeugnis.“ 

Bei der Antwort auf die Fragen nach der armen Kirche für die Armen und nach dem wirksamen Beitrag der Christen, knüpfte Franziskus zunächst an das Zeugnis an: „Allem voran ist der Hauptbeitrag, den wir liefern können, das Evangelium zu leben.“ „Mit dem Zeugnis der Bruderliebe, der Solidarität, des Teilens.“ Angesichts der menschlichen Krise, die wir zur Zeit erleben, „dürfen wir uns nicht nur um uns selber kümmern“, betonte der Papst. Die Christen sollen „aus sich herausgehen. Wohin? An die Peripherien des Seins.“ Heute besteht die Gefahr für die Kirche aus Franziskus‘ Sicht nämlich darin, sich zu verschließen: „Wenn die Kirche sich verschließt, wird sie krank – wird sie krank“, warnte der Heilige Vater. Bei diesem Hinausgehen sei es wichtig, „zur Begegnung mit allen [zu] kommen … ohne über unsere Zugehörigkeit zu verhandeln, und – das ist wichtig – mit den Armen“, erklärte Franziskus. „Wenn wir aus uns herausgehen, finden wir die Armut“, spezifizierte er. 

 armut_leibchristi_big

Die Armen sind für den Heiligen Vater „wirklich der Leib Christi“. Daher dürfen die Christen „keine Christen »mit steifem Kragen« werden, jene allzu gebildeten Christen, die sich bei einer Tasse Tee in aller Ruhe über theologische Fragen austauschen. Nein! Wir müssen mutige Christen werden und uns zu denen aufmachen, die wirklich der Leib Christi sind, der Leib Christi!“ Wir sollen den Armen in die Augen schauen und sie berühren; dies bedeutet nämlich, so Franziskus, „den Leib Christi [zu] berühren, diesen Schmerz auf uns [zu] nehmen, für die Armen“. Die Armut – so unterstrich der Heilige Vater schließlich – „ist für uns Christen nicht ein [sic!] soziologische oder philosophische oder kulturelle Kategorie – nein, es ist eine theologale Kategorie. Ich würde sagen, vielleicht die erste Kategorie, denn jener Gott, der Sohn Gottes, hat sich erniedrigt, ist arm geworden, um mit uns den Weg zu gehen. Und das ist unsere Armut: die Armut des Leibes Christi, die Armut, die uns der Sohn Gottes mit seiner Menschwerdung gebracht hat. Eine arme Kirche für die Armen tut ihren ersten Schritt, indem sie auf den Leib Christi zugeht. Wenn wir auf den Leib Christi zugehen, beginnen wir etwas zu verstehen – zu verstehen, was diese Armut ist: die Armut des Herrn. Und das ist nicht einfach.“ 

Gerade zu diesem komplexen Thema „der armen Kirche für die Armen“ veranstaltet das IWM ein Studientag im April 2014. Sie sind herzlich eingeladen, mitzudenken und mit uns Schlussfolgerungen für die Mission und Lebenspraxis der Weltkirche zu ziehen. Informationen zu den Referenten und zum Programm finden Sie demnächst hier.


 

Schlagworte: