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Ehrenamtliche Flüchtlingshilfe

Der unverzichtbare Beitrag ehrenamtlicher Flüchtlingshilfe

Das Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) hat im Auftrag der Bertelsmann Stiftung von Januar bis März 2016 eine Studie zur ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe in den Kommunen durchgeführt, die im August 2016 erschienen ist. Die Erhebungen erfolgten über 25 qualitative Interviews in 17 Ge­meinden sowie im Rahmen eines Workshops mit ehrenamtlichen und hauptamtlichen Koordinatoren. Die Studie unterstreicht, dass die ehrenamtlich Engagierten zum großen Teil einen eigenen Beitrag leisten, der für die Gesellschaft unverzichtbar ist, mit hauptamtlichen Strukturen aber kaum leistbar wäre. Vor diesem Hintergrund wirbt die Studie für eine angemessene Wertschätzung und eine möglichst unbürokratische Unterstützung dieses Engagements.
Engagement, Aufgabenbereiche und Koordination
Die Flüchtlingszuwanderung hat in Deutschland eine große Solidarität ausgelöst. Laut der Studie engagiert sich jede zehnte Person in Deutschland für die Geflüchteten, so dass man zu Recht von einer neuen Dimension des bürgerschaftlichen Engagements sprechen könne. Zahlreiche Initiativen seien informell etwa im Rahmen von Nachbarschaftskreisen entstanden. Dabei spiele der Einsatz neuer sozialer Medien eine wichtige Rolle. Über die Zeit durchliefen diese spontanen Initativen einen Prozess der Professionalisierung und Formalisierung. Zu den Aufgabenbereichen, in denen die Ehrenamtlichen vorwiegend tätig seien, gehörten Erstversorgung und Begleitung ebenso wie Deutschunterricht und Freizeitgestaltung. Zum Teil übernähmen die freiwilligen Helfer aber auch Dienste wie die rechtliche Beratung, die einer besonderen Qualifikation bedürfen. Mit Blick auf die Koordination der Arbeit der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer identifiziert die Studie drei Formen: Die Koordination der Initiativen, die vorwiegend im Stil der Selbstorganisation durch Einzelpersonen oder Gremien geschieht; die Netzwerk-Koordination, die an Runden Tischen erfolgt und zur Abstimmung der Arbeit dient; die Zentralen Koordinationsstellen, die in der Regel mit einer hauptamtlich agierenden Person besetzt ist.
Herausforderungen
Eine generelle Überforderung der Engagierten sei aus den Ergebnissen der Studie nicht ersichtlich. Dennoch bringe der direkte Kontakt mit den Schicksalen der Geflüchteten auch für die Helfer nicht selten eine hohe psychische Belastung mit sich. An dieser Stelle identifiziert die Studie einen Bedarf an Supervision. Eine weitere Herausforderung bestehe in der unterschiedlichen Altersstruktur zwischen Geflüchteten und Helfern. Mit Blick auf die vorhandenen Spannungen zwischen den Verwaltungen und dem Engagement der ehrenamtlichen Helfer heißt es in der Studie: „Die oft fehlende Bereitschaft, Handlungsspielräume zugunsten von Geflüchteten auszuschöpfen, bindet die Arbeit der Engagierten. Außerdem brauchen die Initiativen Ansprechpartner, um die Bedarfe der Geflüchteten in die Verwaltung vermitteln zu können“ (S. 10). Eine von diesen Aspekten unabhängige Herausforderung besteht sodann in der Einbindung und Teilhabe der Geflüchteten selbst. Auch hier scheint es jedoch vereinzelt bereits Erfolge zu geben.
Wirkung
Die Studie äußert sich sehr wertschätzend zur Arbeit der ehrenamtlich Engagierten Flüchtlingshelfer: „Sie bemühen sich auf der individuellen Ebene um eine möglichst vorurteilsfreie Haltung gegenüber Geflüchteten und entwickeln auf der interpersonalen Ebene soziale Techniken, um Beziehungen „auf Augenhöhe“ schon sehr früh, bspw. im Prozess der Asylantragstellung aufzubauen. Sie agieren im Feld der Institutionen, z. B. durch Begleitung zu Behörden, und bilden hier einen wichtigen Monitor zum Stand der institutionellen „Willkommenskultur“. Und letztlich leisten diese Initiativen in ihrer Vielfalt und Verbreitung einen gesamtgesellschaftlichen Beitrag, indem sie in der Zivilgesellschaft das Selbstverständnis als Einwanderungsgesellschaft etablieren“ (S. 13). Ebendieses Vorgehen wirke deeskalierend und helfe dabei, Fremdenangst abzubauen und rechtsextreme Tendenzen zurückzudrängen. Die wichtigste Wirkung des ehrenamtlichen Engagements bestehe nicht so sehr in der Versorgung der Geflüchteten, sondern vor allem in deren Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft.
Empfehlungen
Aus der Studie wird deutlich, dass das Engagement der ehrenamtlichen Helfer nicht durch die Arbeit von Hauptamtlichen ersetzt werden kann und darf. Außerdem warnt die Studie vor Steuerungsversuchen, die die Handlungsoptionen der freiwilligen Helfer beschneiden. So heißt es mit Blick auf die Aufgaben der zentralen Koordinationsstellen: „Wichtig für das effektive Arbeiten einer zentralen Koordinationsstelle ist ihr direkter Zugang zu den kommunalen Strukturen bei gleichzeitig enger Anbindung an die Initiativen. Sie muss als Unterstützung für die Initiativen konzipiert, ausreichend ausgestattet und frei im Umgang mit ihren Mitteln sein. Sie koordiniert nicht das Engagement, sondern unterstützt es vielmehr“ (S. 10). Die Hoheit über die Definition des Leitbildes und der Grenzen des eigenen Engagements müsse bei den Initativen bleiben. Um eine gute Zusammenarbeit zu zwischen Ehren- und Hauptamtlichen zu gewährleisten, sei bei der Besetzung solcher Stellen auf die Akzeptanz der Person seitens der freiwillig Engagierten zu achten, so die Studie.

 

Die Studie steht an folgendem Link als Download zur Verfügung:

Hamann Ulrike, Karakayalı Serhat, Wallis Mira & Jannis Höfler Leif: Koordinationsmodelle und Herausforderungen ehrenamtlicher Flüchtlingshilfe in den Kommunen. Qualitative Studie des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung 2016.

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    Tobias Keßler

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