P. Carlos Mugica, Märtyrer der Armen

20.05.2014

Wann ist ein Christ theologisch berechtigt, zu töten? Auf diese Frage antwortete der argentinische Priester Carlos Francisco Sergio Mugica Echagüe in einem Interview aus dem Jahr 1973 wie folgt: „Ich weis es nicht. Eindeutig ist aber seine Pflicht, für die Nächsten zu sterben“. Ein Jahr später, im Mai 1974, entführten ihn Paramilitärs der Alianza Anticomunista Argentina (der Triple A) und erschossen ihn. Der Priester schrieb und handelte prophetisch gegen die strukturelle Gewalt des politischen Systems („violencia institucionalizada“). P. Carlos Mugica  setzte sich unermüdlich für die Rechte der Armen im Elendsviertel der Villa 31 (bei Buenos Aires) ein. In seiner pastoralen Arbeit führte er Menschen zusammen, er wollte „Bücher für alle“ und effiziente Gewerkschaften. Die Armen sollten ihr Leben in die eigenen Hand nehmen. 

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P. Mugica lernte „aus Sicht der Ausgeschlossenen die Botschaft des Evangeliums und die Realität zu analysieren“, wie er in einem Bericht betonte. „Christus ist für alle gekommen, vor allem aber für die Armen, er identifiziert sich im Evangelium mit ihnen, liebt sie real und effizient“ – hob P. Carlos in einem weiteren Artikel hervor und unterstrich: „die Garantie zu verkündigen, dass alle Menschen Kinder Gottes sind, verlangt die Konkretisierung der Liebe in ihrer strukturellen Dimension“.

„Die Oligarchie kenne ich von innen heraus, ich kenne ihre Korruptionen, konkret“, betonte P. Carlos Mugica in einem Bericht.  Mugica wurde im Schoß einer reichen Familie geboren, sein Vater war Gründer der Konservativen Partei Argentiniens in den dreißigen Jahren. P. Carlos identifizierte sich aber mit der sozialistischen Opposition. „Ohne Gewaltanwendung müssen die Christen die strukturelle Gewalt aufdecken“ – forderte Mugica in seinen Predigten und sprach den Christen ins Gewissen: keine „Hostien-Fresser“ zu sein, sondern eine wahre Común-Unión zu leben; „Sünde ist, sich verweigern zu lieben“, Sünde ist „wenn man sich an das Leid der Armen gewöhnt, bürgerlich lebt und sie ausbeutet“. Aus Sicht Mugicas müsste der Glaube den Christen ins Tiefste bewegen, nicht zur Passivität verdammen: „Mich wird nichts daran hindern, Jesus und seine Kirche an der Seite der Armen und im Kampf für deren Befreiung zu dienen“ – betonte der Priester angesichts der Lebensbedrohungen. Ein wahrer Skandal sei es aus seiner Sicht, „nicht, wenn man eine Bombe im Haus eines Oligarchen zündet, sondern, dass täglich in den Elendsvierteln (Villas miserias) die Kindern an Hunger sterben, weil deren Eltern Elendslöhne verdienen“. Die Kirche sei für P. Carlos auch für die Reichen da. Sie zu evangelisieren bedeutete allerdings, „ihnen zu helfen, aufzuhören, Reiche zu sein“. 

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Die Kirche Argentiniens gedachte vergangene Woche, am 15. Mai, dem 40. Jahrestag der Ermordung Carlos Mugicas. Die Eucharistie wurde von Kardinal Mario Poli geleitet. Biographische Darstellungen des Priesters Carlos Francisco Sergio Mugica Echagüe, Filme zu seiner Person,  sowie Interviews und seine Manuskripten findet der Leser unter: El HistoriadorCurasOPP und Elortiba

Von Jorge Gallegos Sánchez

Bildquelle: CurasOPP