Jahrestagung 2017
Postkolonialismus und Missionstheologie:
Ansätze – Herausforderungen – Perspektiven
Zeit: 29.–31. März 2017
Ort: Phil.-Theol.
Hochschule Sankt Georgen, Frankfurt am Main
Spätestens seit dem Erscheinen von Frantz Fanons „Die Verdammten dieser Erde“ (1961) und Edward Saids Studie über den westlichen „Orientalismus“ (1978) ist die kritische Auseinandersetzung mit Geschichte, Struktur und Nachwirkungen des europäischen Kolonialismus ein zentrales Thema auch innerhalb westlicher Diskurse. Im angelsächsischen Raum haben sich davon ausgehend in den letzten Jahrzehnten die sogenannten „postcolonial studies“ als akademische Disziplin etabliert. Nach der Jahrtausendwende folgten in den USA erste Ansätze „postkolonialer Theologie“, vor allem innerhalb des protestantischen Bereichs.
Die Rezeption postkolonialen Denkens innerhalb der deutschsprachigen katholischen Theologie ist bislang erst sehr zögerlich erfolgt. Dies überrascht insofern, als die Auseinandersetzung mit Kolonialismus und Neokolonialismus für die aktuelle weltkirchliche Zusammenarbeit gerade in der katholischen Kirche als der globalsten Religionsgemeinschaft der Gegenwart eine entscheidende Rolle spielt und sowohl die Verstrickung der katholischen Kirche in den Kolonialismus als auch dessen Kritik (z. B. bei Antonio de Montesinos) so weit zurückreichen wie die Geschichte des Kolonialismus selbst. Die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung innerhalb der deutschen Theologie drängt sich nicht zuletzt auch angesichts der deutschen Kolonialgeschichte auf.
Die kommende Jahrestagung möchte dieses Schweigen durch eine konstruktiv-kritische Auseinandersetzung ersetzen. Sie will sowohl eine Einführung in Geschichte, Ansätze und zentrale Konzepte postkolonialer Theorie bieten als auch die theologische und missionswissenschaftliche Relevanz postkolonialer Diskurse aufzeigen. Die Perspektive von postkolonialen Theoretikern/innen im engeren Sinn soll dabei ergänzt werden um Beiträge von Wissenschaftlern/innen, die zwar ebenfalls ausdrücklich auf post- bzw. neokoloniale Kontexte reflektieren, dabei jedoch an anderen Diskursen als den „postcolonial studies“ anknüpfen. Die Pluralität der unterschiedlichen weltkirchlichen Herausforderungssituationen sowie der unterschiedlichen theoretischen und theologischen Bezugspunkte post-, de- und antikolonialen Denkens soll dadurch in ein fruchtbares Gespräch gebracht werden.
Leitende Fragen der Jahrestagung sind unter anderen die nach dem Zusammenhang von (theologischem) Wissen und Macht, die Herausforderung der Entwicklung eines Missionsverständnisses unter den Bedingungen eines postkolonialen Kontextes, die vielschichtigen Verflechtungen von Christentum, Moderne und Kolonialismus sowie die Konsequenzen, die sich aus einem Ernstnehmen der kolonialen und neokolonialen Erfahrungen für die Gottesrede, die kirchliche Pastoral, das Verständnis der Bibel und die kirchliche Entwicklungszusammenarbeit ergeben.
Ziel der Tagung ist es, die Auseinandersetzung mit postkolonialer Theorie innerhalb der deutschsprachigen katholischen Theologie voranzutreiben, einen Austausch zwischen Erfahrungen unterschiedlicher postkolonialer Kontexte zu ermöglichen und daraus Perspektiven für die weltkirchliche Praxis in den jeweiligen Ländern zu gewinnen. Vertieft wird die Auseinandersetzung mit dem Thema in mehreren Workshops am zweiten Tag der Veranstaltung.
Referentinnen und Referenten
Interviews
Tagungsprogramm