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Für Frieden und Versöhnung in Nigeria

Erzbischof Kaigama und Emir Muazu zu Besuch am IWM

Trotz erheblicher medizinischer Fortschritte bei der Prävention von HIV und der Behandlung von AIDS starben laut UNAIDS (gemeinsames Programm der Vereinten Nationen für Aids/HIV) im Jahr 2020 weltweit 680.000 Menschen in Verbindung mit AIDS. Nach wie vor ist Afrika südlich der Sahara die global am stärksten betroffene Region. Deutlich überproportional werden Frauen, insbesondere junge Frauen und Mädchen, mit dem HI-Virus infiziert.

 

Thema des gemeinsamen Online-Workshops der Deutschen Bischofskonferenz und des Symposiums afrikanischer Bischofskonferenzen (SECAM) am 21. und 22. April 2022 waren die sozialen, kulturellen und ökonomischen Einflussfaktoren der Epidemie in Afrika, insbesondere in ihrer spezifischen Auswirkung auf Männer, Frauen und junge Menschen. Die Konferenz basierte auf einer von der Wissenschaftlichen Arbeitsgruppe für weltkirchliche Aufgaben der Deutschen Bischofskonferenz noch vor der Corona-Pandemie in Auftrag gegebenen Studie mit dem Titel „Gender specific risks concerning HIV and AIDS in Africa. Pastoral Implications“. Sie war von einem afrikanisch-europäischen Wissenschaftler-Team unter Leitung von Pater Dr. Markus Luber SJ (Institut für Weltkirche und Mission, Frankfurt am Main) erstellt worden, der auch für die Konferenzplanung verantwortlich war.

Beide stellten in einem dreistündigen Gespräch mit verschiedenen weltkirchlichen Akteuren aus ganz Deutschland ihre Zusammenarbeit im konfliktgeladenen Norden Nigerias vor, in dem christliche und muslimische Gruppierungen schon Jahrhunderte lang aufs Engste zusammenleben. Der fundamentalistische Terror, so Kaigama und Muazu, habe Angst und Misstrauen auf beiden Seiten befördert. Umso wichtiger sei es, Zeichen zu setzen, dass die Zusammenarbeit zwischen christlichen und muslimischen Religionsvertretern nicht nur möglich, sondern ein wesentliches Mittel der Überwindung von Gewalt und der Ermöglichung von Versöhnung sein könne.
Erzbischof Kaigama und Emir Muazu nehmen öffentliche Termine bewusst gemeinsam wahr. Beim Ausbruch von Konflikten reisen sie gemeinsam in die Dörfer, um weitere Eskalationen zu vermeiden und zu Frieden und Dialog aufzurufen. In besonders brenzligen Situationen stehen sie in ständigem telefonischen Kontakt. Bewusst zeigen sie sich in der Öffentlichkeit als Freunde, die ein herzliches Verhältnis zueinander pflegen und im Haus des jeweils andern verkehren. Die symbolische Wirkung dieses gelebten Miteinanders sei, so Kaigama, nicht zu unterschätzen.

 

Beide Gäste betonten die Bedeutung, Religion nicht als Grund von Spaltung und Kampf, sondern als Quelle der Versöhnung zu begreifen. Eine Religion, die auf Kosten anderer ihre Macht und ihren Einfluss zu vergrößern suche, sei weder mit dem christlichen noch mit dem muslimischen Glauben vereinbar, waren sich die beiden einig.

 

Die Rückfragen in der von Nadim Ammann (Diözesanstelle Weltkirche-Weltmission des Erzbistums Köln) moderierten Diskussion richteten sich vor allem auf die Gründe für die angespannte Situation im Norden Nigerias und mögliche Hilfestellungen durch die deutsche Kirche. Bischof Kaigama und Emir Muazu identifizierten die Armut eines Großteils der Bevölkerung als einen der wichtigsten Gründe für die Spannungen. Arbeits- und Perspektivenlosigkeit böten einen fruchtbaren Nährboden für die Verbreitung fundamentalistischer Botschaften. Auf Grund der Korruption flössen die Einnahmen aus den enormen Ölreserven Nigerias in die Hände einer kleinen Elite, die das Geld außer Landes schaffe und oft selbst in den westlichen Metropolen lebe. Dieses Geld fehle für nötige Infrastrukturmaßnahmen, Bildung und Gesundheit. Wichtig sei die Unterstützung des Westens, diese Geldflüsse aufzudecken und zu unterbinden. Ebenfalls entscheidend sei, den westlichen Waffenexport nach Nigeria zu stoppen. Eine entscheidende Rolle komme darüber hinaus den Medien sowohl in Nigeria als auch auf internationaler Ebene zu. Medienberichte würden dazu tendieren, die verschiedenen Auseinandersetzungen mit oft komplexen Motivlagen zu einem allgemeinen Konflikt zwischen Muslimen und Christen zu stilisieren, indem sie die Opfer jeweils nach Muslimen und Christen einteilten. Damit würden sie das gegenseitige Misstrauen weiter befördern und zur Eskalation beitragen. Eine größere Sachlichkeit und Differenzierung wären diesbezüglich hilfreich. Ausdrücklich positiv äußerte sich Bischof Kaigama über die jahrzehntelange Zusammenarbeit mir deutschen kirchlichen Hilfsorganisationen. Diese seien stets ein verlässlicher Partner gewesen. Die Verwirklichung zahlreicher wertvoller Projekte in der Friedens- und Versöhnungsarbeit wäre ohne diese Unterstützung nicht möglich gewesen.

 

Die Diskussion endete trotz der zahlreichen angesprochenen Probleme mit einem Lichtblick. Der jüngste Regierungswechsel, die verstärkte Zusammenarbeit Nigerias mit seinen Nachbarländern sowie die erhöhte Aufmerksamkeit der Weltgemeinschaft für das Problem fundamentalistischen Terrors in Nigeria hätten dazu beigetragen, dass in den letzten Monaten wesentliche Erfolge bei der Bekämpfung von Boko Haram erzielt werden konnten. Sowohl Bischof Kaigama als auch Emir Muazu gaben sich zuversichtlich, dass die Grundstruktur dieser Terrororganisation schon bald nachhaltig zerstört sein könnte. Damit habe auch der Friede in Nigeria eine neue Chance.

 

Besonders erwähnt werden soll an dieser Stelle, dass mit Gideon Pwakim auch ein Stipendiat des Albertus Magnus-Stipendienprogramms an dem Treffen teilnehmen konnte. Gideon Pwakim ist Priester aus der von Bischof Kaigama geleiteten Diözese Jos, lebt derzeit in Frankfurt und forscht in seiner Dissertation ebenfalls zum muslimisch-christlichen Dialog im Norden Nigerias. Die Brücken zwischen dem IWM und der christlich-muslimischen Versöhnungsarbeit in Nigeria werden also auch in Zukunft bestehen bleiben.

 

Nach dem Treffen am IWM reisten Bischof Kaigama und Emir Muazu weiter zu politischen Gesprächen nach Berlin. Wir wünschen ihnen für ihren weiteren Einsatz für Frieden und Versöhnung in Nigeria alles Gute.

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    Klara Csiszar, Sebastian Pittl

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