Immer wieder haben sich in der Bundesrepublik in den letzten Tagen und Wochen Stimmen aus den christlichen Kirchen zur Flüchtlingsproblematik zu Wort gemeldet, um angesichts der angespannten Lage derzeit zu einem anderen Umgang mit den Notleidenden aufzurufen. Denn während kirchliche Hilfswerke wie die
Diakonie Katastrophenhilfe oder
Caritas International seit Monaten weltweit im Einsatz sind, um u.a. den zahllosen Opfern des Bürgerkrieges in Syrien, in der Türkei, im Irak, in Jordanien und im Libanon direkt vor Ort zu helfen, brauchen unterdessen auch die bereits eingetroffenen Flüchtlinge in Deutschland dringend Unterstützung. Eine offene und vorurteilslose Willkommenskultur ist dabei jedoch nach wie vor keineswegs überall selbstverständlich – zu groß scheint oft die Unsicherheit und Skepsis auf Seiten der Bevölkerung gegenüber den persönlichen Beweggründen der geflohenen Menschen.
Insbesondere im Hinblick auf die Asylbewerber aus den unterschiedlichen Balkanstaaten hat sich daher nun abermals eine hitzige Diskussion entwickelt, was etwa die Einstufung von Albanien, Kosovo und Montenegro als „sichere Herkunftsländer“ angeht oder ganz konkret die jeweilige Form der zugestandenen Sozialleistungen hierzulande. Soll künftig allerdings vermieden werden, dass es zu einer faktischen Aufteilung in Flüchtlinge „erster und zweiter Klasse” kommt, muss jeglicher vorschnellen Pauschalisierung im politischen und gesellschaftlichen Umgang mit den Asylbewerbern vorgebeugt werden – so die Meinung mehrerer Kirchenvertreter. Sowohl der Vorschlag, den Asylbewerbern aus dem Balkan in Zukunft vorrangig Sachleistungen zukommen zu lassen anstatt Bargeld, als auch die Idee eines schnelleren Asyl-Verfahrens für ebendiese, stößt in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EDK) auf Kritik. Die Vorsitzende der Synode der EKD, Irmgard Schwaetzer, machte in einem
Interview mit dem SWR vergangene Woche deutlich, dass es zweifelsohne auch unter den Asylbewerbern aus den Balkanländern Menschen gibt, die unter Verfolgung leiden; insbesondere die unverändert schlechte Situation von Sinti und Roma in einigen Staaten bestätige dies. Einzelne Maßnahmen wie eine schnellere Verfahrens-abwicklung bergen hier eher die Gefahr, dass etwas übersehen werde.
Ähnlich sieht dies auf katholischer Seite auch der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick, welcher letzte Woche eindringlich betonte: „Deutschland [ist] ein christliches Land, das allen Armen, Notleidenden und Hilfesuchenden beistehen muss“. Auch die Menschen vom Balkan sollten „von uns Deutschen freundliche Gesichter, gute Worte und helfende Hände erleben“. In diesem Sinne ermahnte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche darüber hinaus grundsätzlich zur Vorsicht hinsichtlich politischer und medialer Rhetorik und machte auf die Gefahr aufmerksam, welche die derzeit allgegenwärtigen Formulierungen wie „Flüchtlingsströme“ und „Masseneinwanderung“ mit sich bringen. Nachdrücklich forderte er ein, „dass diese Begriffe nicht verwendet werden dürfen, um damit Angst zu verbreiten nach dem Slogan: Unser Haus ist voll.“ Als eines der reichsten Länder der Erde könne Deutschland gewiss noch mehr Notleidende „aufnehmen und verkraften.“