E Neuigkeit
Heilsame Dezentralisierung (EG 16)
Studientag des Instituts für Weltkirche und Mission
Um die missionarische Dynamik der Kirche zu fördern, plädierte Papst Franziskus 2013 in seinem Apostolischen Schreiben Evangelii Gaudium für einen Weg der „heilsamen Dezentralisierung“ (EG 16) in der Kirche. Welche strukturellen Konsequenzen in den Ortskirchen sein Plädoyer für die missionarische Erneuerung der Kirche hat, wollte der Studientag des Instituts für Weltkirche und Mission am 5. November 2015 in Frankfurt am Main, zusammen mit Prof. Dr. Reinhard Kardinal Marx, Erzbischof von München und Freising und Prof. Dr. Gerard Mannion aus Washington sowie mit etwa 90 Konferenzteilnehmern und -teilnehmerinnen erschließen.
Ausgehend von einer diachronen Sichtung des Lehramtsverständnisses diskutierte Prof. Dr. Gerard Mannion in seinem Eröffnungsvortrag die gegenwärtigen Herausforderungen, die mit der Art und Weise, wie Papst Franziskus das Magisterium versteht, verbunden sind. Dezentralisierung – so Mannion – ist eine Strukturreform der Kirche, in der das Magisterium im Dienst der missionarischen Kirche steht; sie ist zugleich ein Merkmal der Reformen geworden, die Franziskus mit Blick auf das Verständnis und die Praxis des Lehramtes immer wieder betont. Die Vision des Papstes ist eine Kirche, die missionarisch unterwegs ist, die keine Angst vor Pluralität und Diversität hat, sondern diese für die Rezeption und für die Aufnahme der Frohen Botschaft vielmehr als notwendig erachtet. Das Verständnis des Lehramtes unter dem Aspekt der Dezentralisierung verlangt nach der partizipatorischen Präsenz des Volkes Gottes, die vor allem durch den Ausbau und die Stärkung der synodalen Strukturen der Kirche (auf diözesaner, auf regionaler und auf universaler Ebene der Kirche) immer konkreter werden soll. Dezentralisierung ist eine Art Kirchentherapie, die eine müde gewordene Kirche nun in Bewegung setzt. Dezentralisierung belebt die Kirche gerade dort, wo ihre Lebenskräfte liegen: an der Basis, in der Diversität ihrer Realitäten. So wird „der schöne Klang“, die „Harmonie von mehreren Stimmen“ in der ganzen Kirche hörbar und als dynamische Kraft von Kirche-Sein sichtbar.
Prof. Dr. Reinhard Kardinal Marx als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, Präsident der COMECE und Mitglied des Kardinalgremiums zur Kurienreform hat den theologischen Horizont der Thematik aus seiner Praxiserfahrung erweitert. Bereits am Beginn seines Vortrages betonte Kardinal Marx die unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten der Kirche, die des Hinschauens bedürfen, damit die Weltkirche in ihrer Vielfalt nicht nur als Idee existiert, sondern real erfahrbar wird. Das Hinschauen ist die Voraussetzung für die Wirksamkeit des Evangeliums, das dem Evangelisierungswerk der Kirche zugrunde liegt. In diesem Kontext machte Kardinal Marx deutlich, was Evangelisierung bedeutet: „Evangelisierung heißt die Ermöglichung der Begegnung mit einer Person, mit der Person Jesu Christi. In dieser Begegnung stößt eine neue Dimension des Lebens hervor und darin scheint eine neue Lebensweise auf.“ Diese Bedeutung von Evangelisierung hat für verschiedene Aspekte des Kirche-Seins Konsequenzen, die der Kardinal ebenfalls benannt hat: die große Frage der Inkulturation und das Verhältnis von Qualität und Quantität als Kriterium für die Evangelisierung. In diesem Kontext betonte Kardinal Marx weiterhin die Rolle des ganzen Volkes Gottes als Subjekt der Evangelisierung unter einem dreifachen Aspekt: Begegnung mit der Person Christi, Einladung in die neue Gemeinschaft und Einführung in die neue Lebensweise, woran auch letzten Endes die Wirksamkeit des Evangeliums zu messen sei. Im Blick auf die soziale Gestalt der Kirche betonte der Kardinal ihren veränderlichen Charakter, der zwar viel Gutes bewirkt, aber vielen auch Angst machen kann und so – wie auch die vergangene Bischofssynode es gezeigt hat – zu heftigen Debatten führen kann. In seinem Vortrag fuhr der Kardinal fort: „Subsidiarität, Personalität, Solidarität: Diese Begriffe müssen wir auf die Kirche übertragen und sie lebendig machen. Damit wird deutlich: Eine Kirche, die ihre missionarische Wirkkraft nicht verspielen will, ist eben nicht wie eine Pyramide aufgebaut. Die Universalkirche kann nur im Miteinander der Ortskirchen existieren. Papst Franziskus hat das stark ausgedrückt: sub Petro et cum Petro. Daran sollten wir uns erinnern.“ Ein solches Netzwerk von Orts- und Universalkirche verwirkliche sich in einer synodalen Kirche, wie sie Papst Franziskus fordert. Dabei unterstrich Kardinal Marx die zentrale Aufgabe der Bischöfe. Auswahl, Weiterbildung und auch Kontrolle der Bischöfe seien von großer Bedeutung. Und er fügte hinzu: „Es geht in einer Kirche der Zukunft auch um moderne Erkenntnisse für eine gute Führungsbasis. Dabei ist unabdingbar: Die Kirche der Zukunft kann nur eine sein, die Einheit und Vielfalt auf allen Ebenen zusammenbringt.“
In den Arbeitsgruppen wurde die Diskussion mit einem als Video aufgezeichneten Interviewbeitrag zum Thema Dezentralisierung in Afrika von Abbé Dr. Léonard Santedi Kinkupu (Kongo) und in Lateinamerika von Sr. Dr. Birgit Weiler (Peru) eröffnet. Wie die Wortmeldungen der Gruppensprecher in der Abschlussdiskussion mit Kardinal Marx und Prof. Mannion zeigten, ging es in den Arbeitsgruppen vor allem um die Partizipationsmöglichkeit der Laien auf der Grundlage eines dezentralen Umbaus kirchlicher Strukturen, sowie um die Perspektiven des ökumenischen Miteinanders in Deutschland, vor allem mit Blick auf das Jubiläum der Reformation im Jahr 2017. In der Abschlussdiskussion wurde deutlich, dass die Dezentralisierung keine kurzfristige Herausforderung in der Kirche darstellt, vielmehr handelt es sich um ein langfristiges Projekt für die Zukunftsgestaltung der Kirche, wobei das Hinschauen auf die konkreten Lebenswirklichkeiten, im Sinne der missionarischen Erneuerung der (Orts-)Kirche, immer mehr zur Geltung kommen muss.
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s
Deutsche Bischofskonferenz
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Klara A. Csiszar
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