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Bericht Jahrestagung Konferenz Weltkirche

Die diesjährige Jahrestagung der Konferenz Weltkirche unter dem Titel „Klimagerechtigkeit – ethische und politische Fragen“ fand vom 27. bis 29. Mai wie gewohnt im Kloster Himmelspforten in Würzburg statt.

Nach der Begrüßung durch Erzbischof Dr. Ludwig Schick, den Vorsitzenden der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, folgten ein Rückblick auf die Jahrestagung des vergangenen Jahres zum Thema Religionsfreiheit sowie kurze Berichte über aktuelle Entwicklungen im Zusammenschluss der Missionswerke (MARMICK), der Konferenz der Diözesanverantwortlichen Weltkirche (KDW) sowie der Deutschen Ordensoberenkonferenz (DOK).
Jahrestagung Konferenz Weltkirche © TK
Einführung
Die Einführung ins Thema der Jahrestagung erfolgte durch den Hauptgeschäftsführer von Misereor, Msgr. Pirmin Spiegel. Darin vertrat er die These, der Klimawandel sei ebenso unerwartet in Europa angekommen wie die Nachricht von einem neuen Krieg in Europa in Zusammenhang mit dem Zerfall des ehemaligen Jugoslawien in den 90er Jahren. Zugleich existierten Zeichen der Hoffnung, darunter das von 195 Staaten unterzeichnete Pariser Klimaabkommen, ein von der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) gemeinsam geplanter Kongress anlässlich des 5-jährigen Jubiläums des Erscheinens der Enzyklika „Laudato si’“ sowie die Amazonassynode in Rom vom 6. bis 27. Oktober diesen Jahres. Er brachte den Zuhörern nahe, dass man mit der Natur nicht verhandeln könne. Spiegel beendete seine Rede mit einem Appell an die Kirche, in Sachen Klimagerechtigkeit prophetisch voranzuschreiten.
Klimawandel: Wissenschaftliche Analyse und gesellschaftliche Debatten
Nach der Kaffeepause referierte Prof. Dr. Mojib Latif vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung zum Thema „Klimawandel: Wissenschaftliche Analyse und gesellschaftliche Debatten“. Er konstatierte zunächst, dass die wissenschaftliche Kommunikation weiterhin an traditionelle Medien gebunden sei und daher nur eine sehr begrenzte Reichweite besitze. Dies impliziere eine Gefahr für Demokratie und Menschenrechte, aber auch für den Klimaschutz. Anhand eines Vergleichs der Erde mit Venus und Mars, auf denen aufgrund der zu hohen beziehungsweise der zu niedrigen Temperatur kein Leben möglich ist, legte Latif den Anwesenden die Wirkung der so genannten Treibhausgase dar, deren Namen daher rührt, dass sie ähnlich dem Glasdach eines Treibhauses die Sonnenstrahlung auf die Erde lassen, die erneute Abstrahlung jedoch verhindern. Auf diese Weise sorgten sie für einen Temperaturhaushalt, der das Leben auf der Erde ermöglicht. CO2 werde durchaus benötigt, das Problem sei die geeignete Dosierung. Das Verhängnis beim sorglosen Umgang mit den CO2-Emissionen liege darin, dass uns ein Sinn für die Wahrnehmung fehle. Würde sich etwa der Himmel braun färben, wären wir weit mehr zum Handeln motiviert. So aber bleibe das Problem abstrakt. Durch entsprechende Computersimulationen ließe sich jedoch zweifelsfrei belegen, dass die Hauptursache für die Erderwärmung im 20. Jahrhundert das menschliche Verhalten sei. Im weiteren Verlauf seines Vortrags kam Latif auf den Anstieg des Meeresspiegels und die damit verbundenen Probleme zu sprechen.

 

Bei der Frage nach den Hauptverursachern sah er die Verantwortung vor allem bei den Vereinigten Staaten von Amerika und bei der Europäischen Union (EU 28). Auch China habe einen hohen Ausstoß an CO2 zu verantworten, sei jedoch auf der Zeitskala der Emissionen wesentlich später hinzugekommen, wodurch der Gesamtanteil im Vergleich zu den Vorgenannten relativ gering ausfalle.

 

In der anschließenden Diskussion zeichnete sich ein Konsens dahingehend ab, dass eine Veränderung des Lebensstils zwar wichtig sei, letztlich aber nur ein Systemwandel,  der Entwicklung der Erderwärmung Einhalt gebieten könne. Derzeit werde umweltverschmutzendes Verhalten paradoxerweise immer noch belohnt.

Klimagerechtigkeit – Wie stellen sich Gerechtigkeitsfragen konkret
Nach dem Abendessen folgte eine Podiumsdiskussion mit drei eigens geladenen Gästen: Prof. Dr. Volodymyr Sheremeta, dem Leiter des Umweltbüros der Ukrainisch Griechisch Katholischen Kirche in der Ukraine; Dr. Barbara Hendricks MdB, Sprecherin des ZdK-Sachbereichs nachhaltige Entwicklung und globale Verantwortung, ehem.

 

Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit; Bischof Bernardo Johannes Bahlmann OFM von Óbidos (Amazonas, Brasilien). Im Gespräch wurde deutlich, dass in Brasilien gemeinsam mit der Umwelt auch das Schicksal unzähliger Menschen auf dem Spiel steht, weil sie bei den ausschließlich ökonomisch motivierten Entscheidungen der korrupten Oberschicht schlicht übergangen werden.

 

Beeindruckend war der Bericht des Vertreters aus der Ukraine in Bezug auf die zahlreichen Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung, die die Kirche mit staatlicher Unterstützung auf den Weg gebracht hat. Dennoch steht das Land in Sachen Klimaschutz weiterhin vor großen Herausforderungen.

 

Der Braunkohleausstieg in Deutschland gestaltet sich schwierig, insbesondere in der Lausitz, wo viele Menschen um ihren Arbeitsplatz bangen. Andererseits schafft die anstehende Rekultivierung auf längere Sich zahlreiche neue Arbeitsplätze. Jedenfalls erfordert der Umstieg große Anstrengungen mit Blick auf Akzeptanz bei der Bevölkerung.

Schöpfungstheologie und ökologische Spiritualität: Die Amazonas-Synode
Der Dienstagvormittag begann mit einem Impuls von Josianne Gauthier, der Generalsekretärin der internationalen Allianz von katholischen Entwicklungsorganisationen (CIDSE) in Brüssel. Gauthier, die ihr Statement in englischer Sprache vortrug, ist in Canada aufgewachsen und ihrer Ausbildung nach Rechtsanwältin. Mehr als um einen Vortrag handle es sich um ein persönliches Zeugnis, meinte sie einleitend. Anschließend erläuterte sie kurz den Ursprung und das Selbstverständnis der CIDSE. Diese sei im Anschluss an das Zweite Vatikanische Konzil entstanden und setze sich ein im Kampf gegen Armut und für soziale Gerechtigkeit. Die Dekolonisierung des Denkens sei ein wichtiges Anliegen der CIDSE. Die Enzyklika „Laudato si’“ habe auch bei der Arbeit der Organisation Veränderung gebracht. Während bislang ein Top-down-Denken das Handeln prägte, setze man nun zunehmend auf Kooperationen auf Augenhöhe. Sodann sprach sich Gauthier für einen Systemwechsel aus. Das aktuell vorherrschende System werde kollabieren. Mehr als eine neue Theologie brauche es Umkehr. Tatsächlich sei das aktuelle System illegal und unmoralisch. Es fehle nicht an Wissen über die Zusammenhänge, sondern vielmehr an Mut zum Handeln. Mit der Amazonas-Synode schreite der Papst mutig voran auf dem Weg der Dekolonisierung. Dieser Weg führe über die Bejahung der eigenen Verletzlichkeit. Albert Einstein habe recht mit der Feststellung, dass man Probleme niemals mit derselben Denkweise lösen könne, die sie hervorgebracht habe. Wesentlich für eine positive Wende sei es, das Zuhören zu lernen. Auch hier sei das Vorgehen von Franziskus vorbildhaft.
Arbeitsgruppen
Nach einer Kaffeepause folgte eine Einheit mit Arbeitsgruppen, die dazu dienten, das Thema Schöpfungstheologie und ökologische Spiritualität anhand verschiedener Schwerpunkte zu vertiefen.

 

1) Schöpfungstheologie – Bedeutung für das kirchliche politische Engagement: Josianne Gauthier, Generalsekretärin CIDSE, Brüssel

 

2) Netzwerk Klimagerechtigkeit: Thomas Kamp-Deister, Fachstelle Weltkirche, Referat Schöpfungsbewahrung, Münster

 

3) Schöpfungstheologie in afrikanischen Kontexten: Anne Beatrice Fayé, Mitglied der Association des Théologiens Africains, Dakar, Senegal

 

4) Zum „Klimapapier“ der Kommission für gesellschaftliche und politische Fragen (VI) der DBK: Mattias Kiefer, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten der Diözesen, München

 

5) ‘Kulturelle Revolution‘ und ‚ökologische Spiritualität‘ im Anthropozän: Klaus Heidel, Heidelberg

 

6) Fridays for Future: Johannes Kirchhoff, Fridays for Future, Würzburg

Geführte Exkursionen und Bibelteilen
Am Nachmittag teilten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in zwölf kleinere Gruppen auf, die verschiedene Projekte rund um das Thema Nachhaltigkeit besuchten. Anschließend trafen sich alle im Plenum zu einem Bibelteilen, das von Anne Beatrice Fayé, Mitglied der Association des Théologiens Africains in Rom, angeleitet wurde. Den inhaltlichen Abschluss des Tages bildete eine Eucharistiefeier unter Vorsitz von Erzbischof Ludwig Schick.
Umweltstation Würzburg (hier fand der Workshop zum Zukunftshaus statt) © TK
Verantwortung der Kirche für eine sozial-ökologische Transformation der Gesellschaft
Der Fokus des letzten Konferenztages lag klar auf dem Handeln der Kirche. Die Thematik wurde durch zwei Impulse und eine Podiumsdiskussion eingeleitet. Zunächst sprach Prof. DDr. Johannes Wallacher von der Hochschule für Philosophie in München. Unter dem Label „Green Faith versus (Green) Growth“ hob Wallacher zunächst zwei aus seiner Sicht bezeichnende Stellen aus „Laudato si’“ hervor: „Die Schwäche der Reaktionen“ (53–59) sowie „Die Unterschiedlichkeit der Meinungen“ (60-61). Aus seiner Sicht komme darin eine Kritik an der systemtheoretischen Paradigma zum Ausdruck: während die Systemtheorie einen fragmentierten Blick auf die Gesellschaft vermittle, komme in „Laudato si’“ ein holistischer Ansatz zur Geltung. Die Schwäche der Kirche bestehe jedoch darin, dass ein Konsens darüber fehle, ob es mit Blick auf eine sozial-ökologische Transformation der Gesellschaft lediglich Reformen oder aber einen Systemwandel brauche. Wallacher selbst sprach sich angesichts der Alternativen von De-Growth und Green Growth eindeutig für letzteren aus. Armutsbekämpfung sei nur mit Wachstum zu erreichen, die Stagnation der Wirtschaft sei keine Lösung. Sein Leitbild sei das der sozial-ökologischen Transformation, die durch folgende Maßnahmen zu erreichen sei: Effizienzsteigerung, technische Innovationen, verursachergerechte Bepreisung (vgl. www.co2abgabe.de), soziale Abfederung und internationale Abstimmung. Die Rolle der Kirche sieht Wallacher in einer Bewusstseinsbildung mit Blick auf einen Kultur- und Wertewandel. Auch die Fragen der Bevölkerungspolitik dürften kein Tabuthema sein, so Wallacher.

 

Der zweite Redner, Matthias Kiefer, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten der Diözesen (AGU), ebenfalls aus München, sprach sich ebenfalls für eine sozial-ökologische Transformation im Sinne Wallachers aus. Er bezeichnete diese Transformation jedoch zugleich als einen Stresstest für die Demokratie. Das Engagement für diese Transformation sei jedoch eine Frage der Verantwortung für unsere Mitmenschen, für unsere Nachkommen und für uns selbst. Den Kirchen komme in diesem Zusammenhang eine spezifische Rolle zu: Ihr Engagement sei in ihrer Botschaft grundgelegt. Allein die Kirchen könnten die Thematik der Suffizienz glaubwürdig in die Diskussion einbringen. Zudem habe die Kirche eine prophetische Rolle, die in einer ökologischen Spiritualität zum Ausdruck kommen müsse. Dies beinhalte zudem eine Weiterentwicklung der Schöpfungstheologie.

Ins Handeln kommen: Impulse zu Systemveränderungen
Während der gesamten Tagung waren die Anwesenden eingeladen, Ideen zusammenzutragen und an Stellwänden anzupinnen. Diese Ideen wurden in der letzten inhaltlichen Einheit noch einmal aufgegriffen. Zunächst trafen sich die Teilnehmenden in Zweiergruppen und tauschten anhand der Karten an den Stellwänden ihre Ideen zu konkreten Schritten aus. In einem weiteren Schritt schlossen sie sich zu Vierergruppen und später zu Achtergruppen zusammen. Ziel war es, sich auf eine konkrete Maßnahme im Sinne der sozial-ökologischen Transformation zu verständigen, die die Gruppe hinterher im Plenum vorstellte.
Abschluss der Tagung
Die Jahrestagung der Konferenz Weltkirche schloss mit einer „Aktuellen Stunde“, die Raum bot für die Berichte einzelner Teilnehmer zu Entwicklungen in verschiedenen Ländern wie China, Mazedonien und Venezuela. Vor dem Reisesegen ergriff Erzbischof Ludwig Schick noch einmal das Wort für ein kurzes Resümee, in dessen Rahmen er für ein entschiedenes Engagement für Kriegsverhinderung plädierte als wichtigen Schritt für Klimagerechtigkeit, denn die Kriege seien unter den Klimazerstörern an erster Stelle. Der Einsatz für Klimagerechtigkeit müsse neben den regionalen Belangen immer auch die globale Situation im Blick behalten. Neben Veränderungen im eigenen Lebensstil brauche es auch ein politisches Engagement, das gleichermaßen von den göttlichen Tugenden (Glaube, Hoffnung, Liebe) wie von den Kardinaltugenden (Gerechtigkeit, Mäßigung, Tapferkeit und Weisheit) geleitet sein müsse. Die Bischöfe könnten inspirieren, moderieren und integrieren, sie seien aber auf das Mitwirken aller angewiesen.

 

Die nächste Jahrestagung der Konferenz Weltkirche findet vom 18. bis 20. Mai 2020 erneut im Kloster Himmelspforten in Würzburg statt und ist dem Thema „Frieden“ gewidmet.

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    Tobias Keßler

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