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Rückschau – IWM-Jahrestagung 2024

Das missionarische Engagement von Frauen hat die Entwicklung der Katholischen Kirche entscheidend geprägt. Erstmals wurden die Leistungen von Frauen in der Mission auf einer Tagung von Seiten der katholischen Theologie sichtbar gewürdigt.

Vielleicht war es ein Zufall, dass die dreitägige Tagung genau am „Weltfrauentag“ ihren Abschluss fand. Passender hätte der Termin aber nicht sein können, als das Institut für Weltkirche und Mission (IWM) mit seiner diesjährigen Jahrestagung, den Fokus auf das missionarische Engagement von Frauen richtete. Durch die Veranstaltung wurde erstmals mit dem traditionell eurozentrisch-männlichen Narrativ der Missionsgeschichte gebrochen und Raum geschaffen für eine historische, missionstheologische und zeitgenössische Auseinandersetzung mit dem Wirken von Frauen in der Weltkirche. Die Beiträge der Konferenz beleuchteten Frauen als Akteurinnen der Mission in verschiedenen Rollen, darunter Angehörige von Ordensgemeinschaften, Mütter, Lehrerinnen, Ärztinnen, Katechetinnen, Konvertitinnen oder Taufanwärterinnen.

„Untold Stories“- Women in Mission – unter diesem Motto fand vom 6. – 8. März 2024 die Jahrestagung des Instituts für Weltkirche und Mission (IWM) in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte an der PTH Sankt Georgen, dem Lehrstuhl für Kirchengeschichte am Fachbereich Katholische Theologie der Goethe-Universität Frankfurt a.M. und mit der freundlichen Unterstützung der Deutsche Ordensobernkonferenz statt.

In der Mission spielten und spielen Frauen eine zentrale Rolle, doch in der Geschichtsschreibung spiegelt sich das nicht wider. Prof. Dr. Christoph Nebgen, Professor für Kirchgengeschichte an der Goethe-Universität Frankfurt, sprach in seiner Eröffnungsrede darum von einem „historiografischen Missverhältnis“. Um eine Korrektur dieses Missverhältnisses sollte es in der Veranstaltung an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen (PTH Sankt Georgen) gehen, die überschrieben war mit „Untold Stories. Frauen in der Mission“ und auf der Historiker:innen, Theolog:innen und Ordenangehörige in einen Diskurs traten, der von Dr. Dr. Markus Luber SJ, kommissarischer Direktor des IWM, in seinem Tagungs-Auftakt als „international, interkulturell und interekklesial“ bezeichnet wurde. Dr. Nicolo Steiner SJ, Kirchenhistoriker an der PTH Sankt Georgen, bemerkte, dass es in den folgenden Tagen um „das Sichtbarwerden der Arbeit, des Wirkens, der Frömmigkeit der Frauen in der Mission“ gehe.

Die Jahrestagung war bestückt mit Beiträgen, die Einblicke in die aktuelle internationale Forschung sowie in Praxiszusammenhänge gaben und damit das Thema der Frauen in der Mission aus verschiedenen Perspektiven beleuchteten. Um einen Bogen zur kirchlichen Gegenwart zu schlagen, wurden auch aktuelle Entwicklungen wie der Synodale Prozess reflektiert.

 

Prof. Dr. Margit Eckholt, Fundamentaltheologin an der Universität Osnabrück stellte in ihrem Beitrag eine missionstheologische Studie der Steyler Missionarin Sixta Kasbauer aus dem Jahr 1928 vor. Für Eckholt gehe es nicht darum, das „weibliche Gesicht der Mission zu erschließen“, sondern eine „feministisch-theologische Missionswissenschaft zu entwerfen, die sich als Revision und Korrektur missionstheologischer Ansätze versteht“.

 

Die Historikerin Prof. em. Dr. Susana Monreal aus Uruguay sprach in ihrem Vortrag von den „verborgenen, aber für die Mission strategisch wichtigen Existenzen der Frauen“. Die Theologin Prof. Esther Mombo empfahl, „eine Verdachtshermeneutik auf die schon geschriebene Geschichte anzuwenden“ und plädierte für eine postkoloniale Theologie der Frauen, welche intersektional die Anfragen durch Postkolonial- und Genderstudies sowie des Dialogs der Religionen und des Klimawandels in den Blick nimmt. Dr. Katharina Stornig, Privatdozentin für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Gießen, sprach in diesem Zusammenhang von „dem Schweigen und der Unsichtbarkeit, die Archive erzeugen können“. Es ging auf der Tagung vor allem darum, die Geschichte von Frauen in der Mission neu zu lesen und ihre Geschichten endlich zu erzählen. So stellte die Philosophin und Theologin Prof. Anne Béatrice Faye CIC Frauen vor, die für die afrikanische Kirchengeschichte bedeutsam sind, darunter die 1869 im Sudan geborene heilige Bakhita.

 

Das die Geschichtsschreibung nicht immer stringent verläuft, bewies die Historikerin Ute Kemmerling, Fernuniversität Hagen, mit der Vorstellung von drei Frauen aus Westfalen: Bei einer Missionarsgattin sorgte deren Enkelin dafür, dass das Wirken der Großmutter nicht in Vergessenheit geriet. Der geschichtliche Fußabdruck einer Weißen Schwester konnte nur deshalb entdeckt werden, weil der Bruder ein bekannter Missionar war. Und an eine Steyler Missionarin wird erinnert, weil sie Blutzeugin wurde.

 

Wo die Geschichten der starken Frauen zu finden sind, zeigte Friederike Dillenseger, IWM: Für sie sind es die Chroniken, die es aufzuarbeiten gilt, was sie am Beispiel der Missionsbenediktinerinnen von Tutzing in Tansania aufzeigt. Hierbei können nicht nur die hauptsächlich erzählten Erfolge der Missionsgeschichte entdeckt werden, sondern auch Niederlagen, die vielfach unbeachtet blieben. Für Dr. Rebecca Loder-Neuhold vom Referat für Europa und Internationales der Steiermärkischen Landesregierung, bieten die Missionsmuseen unentdeckte Quellen, die mit Blick auf die Frauen in der Mission noch zu erforschen seien.

 

Dass die Geschichten von Frauen in der Mission kirchenhistorisch bislang kaum berücksichtigt wurden, überrascht insbesondere, wenn man sich ihre große Zahl vor Augen führt. Das wurde nicht zuletzt deutlich, als der brasilianische Theologe Prof. Paulo Diel die Entwicklung der Frauenkongregationen in Brasilien vorstellte. So reisten zwischen 1872 und 1965 mehr als 2200 Missionarinnen aus 23 weiblichen Kongregationen aus Deutschland nach Brasilien.

Das persönliche Streben nach Gleichberechtigung und Teilhabe stand zu damaliger Zeit oft im Konflikt mit kolonialen Denkmustern. So waren Hautfarbe oder Herkunft mitunter ausschlaggebend dafür, ob Anwärterinnen in Ordensgemeinschaften aufgenommen wurden. Shannen Dee Williams, PhD, amerikanische Historikerin und Autorin des Buches „Subversive Habits. Black catholic nuns in the long american freedom struggle“, griff dieses Thema in ihrem Vortrag über „America’s Real Sister Act“ auf, der beschrieb wie die afroamerikanischen Oblate Sister of Providence für ihre Rechte kämpfen mussten.

 

Einen lebhaften Einblick in das heutige Ordensleben gewährte Sr. Tanja Lohr OSF, Generalvikarin der Franziskanerinnen von Sießen, die über den Strukturwandel ihrer Kongregation sprach, die in Brasilien, Südafrika, Italien, Schweden und Deutschland vertreten ist. Das Ringen um Internationalität und Interkulturalität des Ordens war vor Hintergrund der Apartheidregimes in Südafrika von großer Bedeutung, ebenso im heutigen weltkirchlichen Kontext.

 

Die Psychologin Mary Makamatine Lembo CSC widmete sich schließlich einem sehr aktuellen Thema, als sie über den Missbrauch von Ordensfrauen berichtete. Für eine Studie sprach sie mit zwölf Schwestern aus fünf afrikanischen Ländern, die missbraucht wurden. Die rege Beteiligung an der nachfolgenden Diskussion zeigte ein weiteres Mal auf, dass dieses Thema bei weitem noch nicht abgeschlossen werden kann.

 

Auf der Tagung wurde auch immer wieder über die zwiespältigen Erfahrungen von Frauen in der Mission diskutiert. Der Eintritt in die Mission war für viele Frauen im 19. Jahrhundert und danach ein Akt der Emanzipation, der es ihnen erlaubte, mehr Verantwortung zu übernehmen und autonomer zu handeln, als es Gesellschaft und Kirche sonst gestattete. Dennoch ist die Geschichte der Kirche eine „Geschichte des Unsichtbarmachens von Frauen, die von Beginn der Ausbreitung des christlichen Glaubens an in Kirche, Gesellschaft und Wissenschaft präsent waren, deren Stimmen aber (…) zum Verstummen gebracht worden sind“ (Eckholt Margit, Zwischen Ermächtigung und Entmächtigung, 2020, 376).

 

Das Fazit, das Prof. Eckholt von der Tagung zieht, greift diese Situation auf und blickt in die Zukunft. Es gehe jetzt darum, die Qualität des Beitrags der Frauen in der kirchlichen und gesellschaftlichen Situation so zu erschließen, dass es zu Transformationsprozessen kommen kann. Damit verbunden der Mut, die Geschichte anders und neu zu schreiben.

 

Ein Tagungsband mit den Beiträgen der Referenten wird als Zusammenfassung im Sommer 2024 im Pustet Verlag in der Reihe „Weltkirche und Mission“ erscheinen.

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